Jetzt im Februar sind sie gerade am Aufblühen, die Schneeglöckchen, Gestern fragte mich jemand, ob Schneeglöckchen zu den Heilpflanzen gehört.
In den Phytotherapie-Fachbüchern fehlt das Schneeglöckchen und auch in den Werken der traditionellen Pflanzenheilkunde taucht es gar nicht auf oder dann nur sehr am Rande.
In diesem Sinne kann man die Schneeglöckchen wohl nicht zu den Heilpflanzen zählen.

Galanthamin zur Alzheimer-Behandlung

Allerdings entdeckte Anfang der 50er Jahre ein bulgarischer Pharmakologe im kaukasischen Schneeglöckchen (botanische Bezeichnung Leucojum aestrivum L.) den Inhaltsstoff Galanthamin. Ursprünglich kam diese Substanz zur Therapie von bspw. Kinderlähmung, Nervenschmerzen oder Myastenie zum Einsatz. Erst in den 80er Jahren wurde erkannt, dass Galanthamin sich auch ausgezeichnet zur signifikanten Verlangsamung des Krankheitsverlaufes in der Alzheimer-Therapie eignet. Der für das Erkrankungsbild charakteristische Mangel an Acetylcholin, einem Botenstoff (Neurotransmitter), der an der Synapse als Überträger des Nervensignals dient, kann durch Verlangsamung des natürlichen Abbaues, verursacht durch ein Enzym namens Acetylcholinesterase, vermindert werden. Galanthamin zählt deshalb zur Wirkstoffklasse der Acetylcholinesterase-Inhibitoren.

Galanthamin wird seit 1997 synthetisch hergestellt. Vorher konnte Galanthamin nur in einer Jahresmenge von 20 bis 40 kg aus kaukasischen Schneeglöckchen gewonnen werden. Seit 1998 gibt es Produktionanlagen, welche die Herstellung von mehreren Tonnen Galanthamin pro Jahr gestatten und so eine weltweite Versorgung des Pharmamarktes mit diesem Wirkstoff ermöglichen.
Mitte 2000 wurde Galanthamin europaweit zur Behandlung von Morbus Alzheimer zugelassen.

Inhaltsstoffe aus Heilpflanzen

Inhaltsstoffe aus Heilpflanzen werden oft isoliert angewendet. Das macht zum Beispiel Sinn bei Stoffen, die eine kleine therapeutische Breite haben, bei denen also die wirksame und die toxische Dosis nahe beieinander liegen. Solche Stoffe kann man als Tee oder Tinktur nicht präzis genug dosieren, in isolierter Form aber sehr wohl. Diese Naturstoffe gehören dann zum Bereich von Medizin und Pharmakologie, während die Phytotherapie in der Regel mit einem ganzen “Team” von Wirkstoffen aus einer Heilpflanze arbeitet.
Beides hat seine Vor- und Nachteile – der “Solist” wie auch das ganze “Orchester”. Galanthamin ist ein gutes Beispiel für einen Naturstoff, der quasi in die Medizin gewandert ist und sich dort etabliert hat. Womit wir wieder beim Thema Schneeglöckchen & Alzheimer-Therapie wären.
Während Galanthamin also ganz und gar zur Medizin gehört, werden in der Phytotherapie bezüglich Alzheimer-Therapie vor allem Ginkgo-biloba-Extrakte erforscht.

Zur Kulturgeschichte des Schneeglöckchens gibt es übrigens noch eine schöne Geschichte:
Im Sommergarten von Petersburg hatte, wie 1859 festgestellt wurde, Tag und Nacht ein Posten an unerklärlicher Stelle Wache gestanden. Als der damalige Zar Alexander II. einmal fragte, was es dort denn zu bewachen gäbe, musste zuerst nachgeforscht werden. Keiner der Höflinge wusste nämlich eine Antwort. Schlussendlich löste sich dann aber das Rätsel doch noch: Katharina der Großen war hundert Jahre (!) zuvor in diesem Park ein früh erblühtes Schneeglöckchen aufgefallen. Damit es nicht abgerissen würde, befahl sie einen Wachtposten dorthin…

Wenn Sie sich für die therapeutischen Wirkungen von Heilpflanzen und für ihre Kulturgeschichte interessieren, empfehle ich Ihnen meine Kurse und Lehrgänge auf www.phytotherapie-seminare.ch.

Martin Koradi, Dozent für Phytotherapie / Pflanzenheilkunde

Winterthur / Kanton Zürich / Schweiz

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