Ein Wirkstoff aus der Garten-Wolfsmilch Euphorbia peplus, einer in Europa weit verbreiteten Pflanze, könnte sich als Medikament zur Behandlung der aktinischen Keratose eignen. Die US-Arzneibehörde FDA hat vor kurzem ein Präparat zugelassen, das in einer Studie im New England Journal of Medicine (2012; 366: 1010-1019) vorgestellt wurde.

Die aktinische Keratose ist eine bei hellhäutigen Personen weit verbreitete Präkanzerose. Zwei Drittel aller Spinalzellkarzinome sollen sich auf der Basis einer aktinischen Keratose entstehen. Auch wenn nicht genau bekannt ist, wie viele aktinische Keratosen sich zum Karzinom weiter entwickeln und das Spinaliom bei rechtzeitiger Entfernung in der Regel kein Risiko darstellt, wird allgemein die Behandlung der aktinischen Keratose empfohlen.

Von zahlreichen Patienten wird die Behandlung der aktinischen Keratose auch gewünscht, vor allem weil sie sich in der Regel an UV-exponierten, also sichtbaren Hautstellen befindet. Gerade im Gesicht sind aber der gegenwärtig bevorzugten Behandlung, der Kryochirurgie enge Grenzen gesetzt, zumal sie eine Narbe hinterlässt. Andere lokale Behandlungen wie Imiquimod oder Fluorouracil können sehr langwierig sein.

Die Therapie mit Ingenol, das der Produzent aus Euphorbia peplus gewinnt, erzielte dagegen schon nach zwei- bis dreimaliger Anwendung eine gute Wirkung. Dies sollen vier Studien belegen, deren Resultate die Gruppe um Neil Swanson von der Oregon Health and Science University in Portland zusammengefasst hat.

Die Läsionen, die bei 547 Patienten den Bereich von Gesicht oder Kopfhaut betrafen und sich bei 458 Patienten an Armen oder Rumpf befanden, waren in den Studien mit einem Gel therapiert worden, das entweder Ingenol oder keinen Wirkstoff enthielt. Im Gel für Gesicht oder Kopfhaut lag Ingenol in 0,015-prozentiger Konzentration vor. Es wurde an drei Tagen aufgetragen. Das Gel für Arme und Rumpf enthielt Ingenol in 0,05-prozentiger Konzentration und wurde an zwei Tagen aufgetragen.

Die Wirkung des Ingenol-Gels wurde mehrmals beurteilt, zuletzt am Tag 57. Bei dieser Schlussuntersuchung hatten sich 42,2 Prozent der Läsionen auf Gesichts- oder Kopfhaut vollständig zurückgebildet (gegenüber Placebo mit 3,7 Prozent). Auf den Armen und am Rumpf wurde bei 34,1 Prozent der Probanden eine vollständige Clearance erreicht (Placebo 4,7 Prozent).

In den ersten Tagen der Behandlung kam es allerdings zu lokalen Entzündungsreaktionen, die auf einer Skala von 0 bis 24 die Intensität von 9,1 in Gesicht und Kopfhaut, beziehungsweise 6,8 an Armen oder Rumpf erreichte. Diese Entzündungsreaktionen bildeten sich bei den Patienten aber innerhalb weniger Wochen zurück. Die Wissenschaftler schließen jedoch nicht aus, dass es bei einigen Patienten zu einer dauerhaften Depigmentierung und zu einer minimalen Narbenbildung kommen kann.

Ein Hersteller aus Dänemark bekam aufgrund der Resultate im Januar 2012 eine Zulassung durch die US-Arzneibehörde FDA. Zu einer allfälligen Einführung in Europa machte die Firma keine Angaben.

Quelle:

http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/49540/Pflanzlicher-Wirkstoff-beseitigt-aktinische-Keratose

http://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMoa1111170m

Kommentar & Ergänzung:

Interessante Studie, aber noch nicht einsetzbar, solange keine Zulassung als Medikament in Europa vorliegt.

Von irgendwelchen Selbstversuchen mit Garten-Wolfsmilch (Euphorbia peplus) würde ich jedenfalls mit Nachdruck abraten. In der Familie der Wolfsmilchgewächse finden sich nämlich eine ganze Anzahl von potenten Giftpflanzen.

„Der bei manchen Arten vorhandene Milchsaft (Latex) ist oft toxisch und dient als Wundverschluss und Fraßschutz. Unter den Inhaltsstoffen sind die hautreizenden Di- und Triterpenester erwähnenswert.

Die Samen und der Milchsaft enthalten giftiges Euphorbon. Diese haben eine starke örtliche Reizwirkung auf die Haut und die Schleimhäute mit Gewebszerstörung. Augenverletzungen sind besonders gefährlich.“

(Quelle: Wikipedia)

Bekannte Vertreter aus der Familie der Wolfsmilchgewächse sind der Weihnachtsstern (Euphorbia pulcherrima, auch Adventsstern, Christstern oder Poinsettie genannt), der Christusdorn (Euphorbia milii), der Kautschukbaum (Hevea brasiliensis, Gummibaum), der Rizinus (Wunderbaum, Ricinus communis, Quelle für Rizinusöl), der Lichtnussbaum (Aleurites moluccana, Quelle von Kukuinussöl), die Gattung Manihot (bekannt unter Trivialnamen wie Maniok, Mandioka, Kassava oder in Lateinamerika Yuca).

Die Garten-Wolfmilch wird schon seit längerem für die Anwendung in der Dermatologie erforscht. So erschien bereits 2011 eine Studie zur Behandlung von weissem Hautkrebs mit Garten-Wolfsmilch:

„Der Saft der in vielen Gärten vorkommenden Garten-Wolfsmilch ist offenbar für die Behandlung von weißem Hautkrebs geeignet. Wissenschafter raten jedoch von Selbstversuchen ab, da der Behandlungsansatz sich noch in einem frühen Stadium befindet und es zu Irritationen der Haut kommen kann, wie es im British Journal of Dermatology heisst.“

Quelle: http://www.medical-tribune.ch/deutsch/news/news.php?monat=01.2011

Der weisse Hautkrebs gehöre nicht zu den schwersten Formen der Krankheit. Er sei jedoch dennoch sehr weit verbreitet. Allein in Großbritannien entfalle laut BBC ein Drittel aller Krebsdiagnosen auf diese Krebsform, zu der Basalzellkarzinome und Plattenepithelkarzinome gehören. In den meisten Fällen sei es möglich, weissen Hautkrebs mittels eines chirurgischen Eingriffes, Einfrieren oder einer speziellen Form von Lichttherapie zu behandeln.

„Bei manchen Menschen versagen diese Behandlungsmethoden jedoch oder erweisen sich als nicht passend. An der Studie nahmen Patienten teil, die in diese Gruppe fallen. Sie wiesen insgesamt 48 Läsionen auf. Alle wurden mit dem Saft von Euphorbia peplus behandelt, der drei Tage hintereinander einmal pro Tag auf die Haut aufgetragen wurde.“

Quelle: http://www.medical-tribune.ch/deutsch/news/news.php?monat=01.2011

Pflanzensaft aus der Garten-Wolfsmilch sei ein uraltes Heilmittel, heisst es weiter in dem Bericht.

„Die Wissenschaftler versuchten, seine Wirkung jetzt im Rahmen eines klinischen Tests zu überprüfen. Nach einem Monat hatten 41 der 48 Läsionen auf die Behandlung reagiert. Keine Spur eines Tumors konnte mehr nachgewiesen werden. Patienten, die nur teilweise auf die Behandlung reagiert hatten, wurde eine zweite Behandlung angeboten. Die Läsionen, die positiv auf eine Behandlung reagiert hatten, wurden zwischen zwei und 31 Monate weiter beobachtet.

Nach durchschnittlich 15 Monaten wiesen zwei Drittel der Läsionen immer noch eine vollständige Reaktion auf die Behandlung auf. Die Wissenschaftler erklärten, dass jetzt groß angelegte Studien klären müssten, ob Ingenol-Mebutat, der Wirkstoff im Pflanzensaft, einen neuen Behandlungsansatz ermöglicht.“

(Quelle: http://www.medical-tribune.ch/deutsch/news/news.php?monat=01.2011)

In diesem Zusammenhang stellt sich natürlich die Frage, was Betroffene mit solchen Meldungen machen, die einerseits Hoffnungen wecken, andererseits aber richtigerweise auch den Hinweis enthalten, dass die Forschungen noch im Frühstadium stecken und eine Anwendung daher noch nicht möglich ist.

Martin Koradi, Dozent für Phytotherapie / Pflanzenheilkunde

Winterthur / Kanton Zürich / Schweiz

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