Diese Frage ist mir neulich wieder einmal bei einem Vortrag gestellt worden.

Wer war Maria Treben?

Maria Treben (1907- 1991) war eine Kräuterbuchautorin aus Grieskirchen (Österreich). Ihr Buch Gesundheit aus der Apotheke Gottes wurde in mehr als 20 Sprachen herausgegeben, erreichte eine Gesamtauflage von über acht Millionen Exemplaren und war damit ein Grosserfolg.

Man kann Maria Treben zugute halten, dass sie viel zur Renaissance der Kräuterheilkunde beigetragen hat.

Ihr Ratschläge sind aber von einer Grenzenlosigkeit, die an Allmachtsphantasien grenzt. Mit ihren Kräutern heilt Maria Treben einfach alles – und das ohne Misserfolge, wenn man ihren Darstellungen glauben will. Das ist eine völlig unrealistische Betrachtungsweise, die aber offenbar den Bedürfnissen breiter Bevölkerungskreisen nach Wunderheilmittel entgegenkommt.

Wie schön wäre es doch, wenn Schwedenkräuter, Ringelblumen & Co uns alle Krankheiten abnehmen könnten.

Das geht bei Maria Treben sehr schnell. Ein unheilbares Darmkrebsleiden bei einer jungen Mutter von fünf Kindern – „der Arzt gab ihr noch einige Tage“ – Umschläge mit Schwedenkräutern „auf die erkrankten Darmstellen“ und innerlich „Kalmuswurzeln, die man über Nacht ansetzt“, zusammen mit „blutreinigendem Tee von Ringelblumen, Schafgarben und Brennnesseln“ – und siehe da: „Heute geht es der Frau so gut, dass mit einer völligen Heilung gerechnet werden kann“.

Ganz abgesehen davon, dass in der Phytotherapie-Fachliteratur jeder Hinweis auf eine Antikrebswirkung dieser Kräuterkur fehlt:

Ärzte können sich täuschen in ihrer Prognose. Wenn die Darmkrebs-Patientin aber wirklich nur noch wenige Tage zu leben hatte, dann ist es äusserst unwahrscheinlich, dass sich ein Tumor im Endstadium mit allen damit verbundenen Schäden und allfälligen Metastasen einfach so mit ein paar „blutreinigenden“ Kräutern in Luft auflöst. Es gibt zwar auch in der Onkologie unerklärbare Spontanremissionen, bei denen sich ein Krebs ohne erkennbare Ursache zurückbildet. Solche Fälle sind aber erstens sehr selten und sie betreffen wohl kaum Tumore im Endstadium.

Die Wunderheilung bei Darmkrebs, die Maria Treben schildert, müsste also ein äusserst seltenes Ereignis sein – wie es halt für Wunder charakteristisch ist – sofern man dieses Wort hier verwenden will.

Die Schriften von Maria Treben sind aber voll von solchen angeblichen Wundern. Nierenkrebs, Hirntumor, Knochenkrebs Leukämie – alles kein Problem, selbst wenn Metastasen vorhanden sind.

Wunder am laufenden Band und quasi mit Erfolgsgarantie – das muss einfach stutzig machen. Woran sterben wir denn eigentlich, wenn alle die Ratschläge der Maria Treben beherzigen?

War die Frau eine Betrügerin? Das kommt darauf an, wie man Betrug definiert. Meinem Eindruck nach hat sie an sich und an die Heilkraft ihrer Kräuterrezepte geglaubt.

Aus ihren Schriften spricht eher eine Verblendung, die Misserfolge und Grenzen nicht mehr wahrnehmen kann.

Sie sah sich als „Apothekerin Gottes“, bekam angeblich Weisungen von der Jungfrau Maria und war überzeugt, dass sich mit Kräutern jede Krankheit heilen lässt.

Wer so felsenfest an seine Wahrheit glaubt, wird immun gegen das Realisieren von Misserfolgen und Grenzen.

Die Empfehlung von Ringelblumentee bei Leukämie von Kindern hat nach Recherchen der Zeitschrift Stern – meiner Erinnerung nach war das in den 80er-Jahren – einigen Kindern das Leben gekostet. Mit diesen Misserfolgen konfrontiert, schob die Kräuterfrau die Verantwortung auf die Eltern ab, welche den Tee nicht vorschriftsgemäss verabreicht hätten. So einfach kann man es sich machen, wenn man Misserfolge nicht an sich heranlassen will oder kann.

Diese schlimmen Verläufe kommen jedenfalls in den Schriften der Maria Treben nicht vor.

Auch die Stiftung Warentest kommentiert die Empfehlungen von Maria Treben kritisch und weißt auf Fehler hin:

„Die Stiftung Warentest äußert erhebliche Zweifel an der Sachkundigkeit Maria Trebens und weist auf mehrere Fehler in ihren Büchern hin. Sie empfehle Pflanzen zur Behandlung schwerer Krankheiten bis hin zu Krebs, deren Wirksamkeit für diese Pflanzen überhaupt nicht nachgewiesen ist. Teilweise verwechselt Treben wichtige Fachbegriffe; beispielsweise verwechselt sie unter anderem den Zucker Inulin mit dem Hormon Insulin und empfiehlt daher fälschlich Löwenzahn gegen Diabetes mellitus. „Ihr Schöllkraut-Rezept gegen Leber- und Gallenleiden ist eine Anleitung zur Vergiftung. Der Ratschlag, Ohnmächtigen einen Eßlöffel Schwedenbitter einzuflößen, ist lebensgefährlich.“

(Quelle: Wikipedia)

Und in einer Broschüre des Tumorzentrums der Universität Freiburg über Alternative Krebstherapien heisst es, gefährlich sei „die Grundtendenz, alle Krankheiten als mit Kräutern heilbar darzustellen. Treben behauptet, mit Hinweis auf Sebastian Kneipp, dass ‚das Zinnkraut jeden gut- oder bösartigen Tumor zum Stillstand bringt und ihn langsam auflöst’. Weitere ‚Wundermittel’ sind Schwedenkräuter intern oder als Umschlag, Spitz- oder Breitwegerichbrei, Ringelblumensalbe und vieles anderes. Gegenüber den ‚Ratschlägen und Erfahrungen mit Heilkräutern’ der Maria Treben ist Skepsis und Zurückhaltung geboten. Einer vernünftigen zusätzlichen Anwendung solcher Präparate ist nichts entgegenzuhalten, zum Beispiel dem Einreiben einer Operationsnarbe nach Mastektomie mit Ringelblumensalbe. Gefährlich sind Ratschläge, primär gut operable, und damit heilbare Tumoren zuerst versuchsweise mit Kräutern zu behandeln, z. B. Hodenkrebs mit Spitzwegerichumschlägen. Damit geht bei diesem heute heilbaren Tumor viel Zeit und möglicherweise die Heilungschance verloren. Alle diese Medikamente sind in ihrer Wirksamkeit gegen Krebs unbewiesen. Nicht alle der empfohlenen Pflanzen sind harmlos, beinhaltet doch die ‚Apotheke Gottes’ auch viele bekannte Giftpflanzen der Natur.“

Quelle: http://www.uniklinik-freiburg.de/tumorzentrum/live/Patienten-Info/Broschueren/komplementaere_verfahren_pat2006.pdf

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